Stellungnahme zum Infokasten über Schizophrenie im Artikel „Das Porträt eines Stimmenhörers“

Gesundheitstipp Ausgabe Juni 2019, kostenpflichtige Online-Version

Das Netzwerk Stimmenhören Schweiz vermittelte der Redaktion Gesundheitstipp einen Interviewpartner. Diese Anfrage beabsichtigte über „ein Leben mit Stimmenhören“ zu berichten. Erschienen ist schliesslich nach unserem Erachten ein Artikel in welchem über das Krankheitsbild Schizophrenie informiert wurde. Die interviewte Person erklärt nachträglich: „Ich hätte diesem Layout nie zugestimmt! Ebenso bin ich enttäuscht, dass ich zu den Änderungen nicht informiert wurde.“

Das Netzwerk Stimmenhören Schweiz und die interviewte Person bereiteten vorgängig einen Informationskasten über das Stimmenhören vor. Dieser wurde von der Redaktion gutgeheissen, schliesslich aber wie folgt ausgetauscht:

„Schizophrenie beginnt mit kleinen Veränderungen wie Unruhe, Reizbarkeit. In einer akuten Psychose haben die Patienten Wahnvorstellungen, fühlen sich fremdgesteuert oder hören Stimmen. Gefühle verflachen, Psychotherapien und Medikamente dämpfen die Psychosen, heilbar sind sie nicht. Schizophrenieausbrüche können einmalig oder chronisch sein. Rund 50% der älteren Patienten begehen Suizid. Die Krankheit bricht oft im jungen Erwachsenenalter aus. Häufig ist sie erblich bedingt, Auslöser sind oft Schicksalsschläge wie Stellen- oder Partnerverlust. Info und Beratung: Pro Mente Sana, Netzwerk-stimmenhören.ch, Ex-in-schweiz.ch“

Das Netzwerk Stimmenhören Schweiz, die Pro Mente Sana und der Verein Ex-In Schweiz stufen den oben genannten Informationsgehalt als sehr bedenklich ein. Geeint haben wir folgende Stellungnahme verfasst:
Stimmenhören ist nicht notwendigerweise ein Zeichen für eine Erkrankung, sondern unabhängig von einer psychiatrischen Diagnose im Zusammenhang der Biographie und der Lebenssituation verständlich. Es kann nach Erfahrungen auftreten, welche die stimmenhörende Person als traumatisch erlebt hat. Sich mit den Stimmen auseinanderzusetzen und einen Umgang mit ihnen zu finden, kann hilfreich und bereichernd sein. Wir stehen für einen solchen hoffnungsvollen „Recovery-Weg“ für alle Menschen ein, denen die Diagnose einer psychiatrischen Erkrankung trifft. Wer Stimmen hört, kann gesunden oder weiter mit bestehenden Kennzeichen resp. phasenweisem Wiederauftreten von Krisen ein erfülltes, sinnhaftes und selbstbestimmtes Leben führen. Ebenso haben es manch berühmte Persönlichkeiten aus der Geschichte vorgelebt.

Die Kriterien für die Diagnose einer Schizophrenie unterliegen einem Wandel und sind nicht weltweit dieselben; aktuell wird in der Psychiatrie sogar diskutiert, diese Diagnose ganz abzuschaffen. Wir distanzieren uns von der unmittelbaren Zuordnung vom Stimmenhören zur Schizophrenie und der alles andere als Zuversicht vermittelnden Darstellung im Infokasten insbesondere der angegebenen Suizidrate, die den uns bekannten wissenschaftlichen Studien widerspricht.

Netzwerk Stimmenhören Schweiz
Pro Mente Sana
Verein EX-IN Bern

Nach oben